Den Herrn Söder für Windenergie begeistern – die Bayernwind-Kampagne

Wie wickelt man Deutschlands Top-Kommunikator um den Finger, ohne dass er es merkt? Wie sorgt man dafür, dass der Wind sich in Bayern pro Windkraft dreht? Wie lässt sich mit INSM-Style-PR-Aktionen Klimapolitik positiv beeinflussen? Unsere Bayernwind-Kampagne vom Wind-Rat / Protect the Planet, ECF, Agentur Peperoni und Agentur clevere Städte zielte darauf ab, dem bayerischen Ministerpräsident Markus Söder im Bayernwahlkampf pro Windausbau zum Schwingen zu bringen, ohne ihm die Chance zu geben, einen Frontalangriff kommunikativ auszuschlachten.

Die Ausgangssituation: CSU und Freie Wähler in Bayern waren nicht wirklich als Unterstützer des Windausbaus zu entdecken. Gleichzeitig hat Markus Söder das Potenzial, wie in dem Buch Machtverfall über die letzten Merkel-Jahre eindrücklich beschrieben, nicht nur die Flucht nach Vorne zu ergreifen, sondern auch die Republik vor sich herzutreiben.

Was, so die Überlegung bei einem Bier in Kreuzberger Nächten, wenn wir es schaffen, Markus Söder pro Windausbau zu aktivieren?

Gesagt getan. Verschiedene Sponsoren haben die Kampagne ermöglicht, abgewickelt über den Wind-Rat, entwickelt und designed von der PEPERONI Kommunikationsagentur für gesellschaftlichen Wandel, gespindoctored von mir im Konzert mit einigen anderen Aktivitäten.

Die Ratio war einfach: Einen Top-Kommunikator direkt anzugreifen führt zu einem K.O.-Schlag in der ersten Runde – Markus Söder würde im Handumdrehen den Angriff umlenken und erfolgreich zurückschlagen. Gelingt es dagegen, das Stöckchen ausreichend niedrig zu halten, die Scham-Schwelle und das Ehrgeiz-Gen anzusprechen, Unterstützer zu mobilisieren und Wenigen, aber gezielten Druck zu machen, kann das Wunder gelingen. Es gelang.

Und das ging so. Wir haben einschlägige Positionspapiere aus dem bayerischen Raum, u.a. von der Landesregierung über Landeswindenergieverband sowie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, analysiert und auf ein paar einfache knackige Formeln verdichtet, die journalistisch transportierbar sind:

  • Mindestens zwei Windräder pro Woche in Bayern ans Netz nehmen.
  • Mindestens zwei Windräder pro Landkreis und Jahr ans Netz nehmen.
  • Nach spätestens sechs Monaten mit neuem digitalen Bayern-Standard genehmigen
  • Je Landkreis einen neuen „Windverantwortlichen“ on top einstellen.

Dann haben wir via Wind-Rat eine Handvoll Unternehmer als Testimonials gefunden und deren Statements gecastet. Als Kampagnenmotiv entwickelten die Kolleginnen von Peperoni mit der KI den leicht skeptischen, aber doch sehr positiven Bergauf-Blick des Herrn Söder, der eigentlich schon weiß, dass er da hoch muss, noch nicht so recht will, aber sich eigentlich sicher ist, dass er es könnte, so er es denn wollte, und natürlich mit Gegenwind, dem Bayernwind, der seine Haare waagerecht aussehen lässt, mit Bayernwind von Vorne sozusagen, nämlich dem zunehmenden Widerspruch durch die bayerische Wirtschaft und die bayerischen Medien zu seinem bisherigen windpolitischen Erfolgen. Einzige Nebenbedingungen: Es schreckt die Unternehmer nicht ab (Spoiler: eine dann doch ;-)).

Mit dem Motiv und den Sprüchen wurde eine Video gedreht, dass 250.000 mal in der Münchener U-Bahn lief, Postkarten in einschlägigen, Medien-nahen Kneipen geflyert sowie Fahrräder mit mobiler Werbetafel vor die Staatskanzlei, das Rathaus und die Medienhäuser geschickt. Die Südeutsche Zeitung hat die Kampagne entsprechend auf den Punkt gebracht: "Auch der Wirtschaft reichts."

Eine der Aktionsideen haben wir dann Greenpeace geschenkt, die in gewohnt professioneller Qualität umgesetzt wurde: An den Fahnenmasten vor der Bayerischen Staatskanzlei wurden große Windräder installiert. Parallel hat die Initiative klimaneutrales Deutschland (IKND) mit dem von ihnen unterstützen Bürgermeister-Appell das Thema Windausbau in die Medien gebracht, obwohl Herr Söder vorerst keinen Termin zur Übergabe in der Staatskanzlei anbieten wollte. Ergänzend gab es das Aktionsbündnis der bayerischen Klimainitiativen, NGOs und Bewegungen, die erstmals konzertiert einen Landtagswahlkampf bespielt haben und auch andere Organisationen, die zum Thema Standort und Windausbau für Gemengelage sorgten – ein Beispiel auch für Wahlkämpfe für andere Bundesländer.

Kurz vor dem üblichen Sommerinterview der ARD haben wir via Wind-Rat / Protect the Planet die Medien öffentlich aufgefordert, beim Thema Energie präziser nachzufragen und sich nicht vom Profi an der Nase herumführen zu lassen: „KLARTEXT FÜR MEHR WIND IN BAYERN STATT SÖDER-STYLE MIT VERTUSCHENDEN ANTWORTEN“.

Das ist tatsächlich gelungen, wie man in dem ARD-Sommerinterivew mit Markus Söder ab Minute 19 schön sehen kann. Hier kam ein Profi etwas aus der Rolle und wirkte mehr als umsouverän, vielleicht sogar ertappt und überführt. "Wundersamerweise" wurde am Montag drauf dann ein Übergabetermin für den Bürgermeisterappell angeboten – der Dropps schien endlich gelutscht, ein Erfolg für die Bayernwind-Kampagen und alle anderen, die mit vereinten und getrennten Kräften daran gearbeitet haben, Markus Söder für den Windausbau zu begeistern.

Kurz vor der Wahl haben wir dann via Wind-Rat / Protect the Planet noch eine repräsentative Umfrage zur Bedeutung von Windenergie bei der Bayernwahl veröffentlicht. Die Kernbotschaft hieß „ABSOLUTE MEHRHEIT FÜR CSU DENKBAR BEI GLAUBWÜRDIGEM AUSBAU VON WIND UND SOLAR.“ Bis zu 17% der Nicht-CSU-Wähler und bis zu 30% der Freien Wähler würden bei der kommenden Landtagswahl CSU wählen, wenn diese sich stärker für die Erneuerbaren einsetzen würde.  

Sechs Monate später kam dann der endgültige Beweis, dass diese Kampagnen erfolgreich waren. Nach einem leider erfolgreichen Bürgerentscheid in Mehring / Bayern gegen den Windausbau hat sich Markus Söder sehr klar zum Windaus benannt, ein Ritterschlag für die vereinten Kommunikatoren. Mission completed.

Weitere Informationen zum Download oder als Link:

PS: Im Sommer 2024 haben wir uns mit unserem Projekt unter dem Titel "Dem Söder den Bayernwind entfachen" für den MarketingForFuture-Award des BAM!-Bock-auf-Morgen-Festivals beworben. Unter dutzenden Bewerbungen haben wir es auf die Shortlist geschafft und sind mit "Lobender Erwähnung" knapp unterhalb der Medaillienränge ins Ziel eingelaufen. Anbei der Link zur Bewerbungsunterlage.

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