Per Sit-in illegale Autorennen zur Straftat upgegradet
Illegale Autorennen in der Stadt sind mörderisch. War es bis 2016 lediglich eine Ordnungswidrigkeit, ist es inzwischen eine Straftat. Erstmals wurde der Zusammenstoß auf dem Ku´damm als Mord mit Auto verurteilt, das Strafgesetz wurde angepasst. Inzwischen wird immer öfters in Sachen Mord mit Auto ermittelt und verurteilt. Die Geschichte dahinter ...
Im Winter 2015/16 bin ich häufig mit dem Rad auf dem Ku´damm unterwegs gewesen, und immer mit der Angst im Nacken, die ich sonst auf wenigen Straßen Berlins wirklich habe. Zu oft gab es illegale Autorennen, zu allen Tages- und Nachtzeiten. Die Polizei und die Justiz schaute weg, die Angst blieb, in Berlin auf zich Straßen wie auch überall in der Republik. Autorennen waren damals Ordnungswidrigkeiten, Schwerverletzte und Tote gab es genug.
Anfang Februar 2016 passierte es dann. Zwei „Asoziale“ mit hochmotorisierten Autos lieferten sich ein Rennen und überfuhren nachts zich rote Ampeln. Die Fahrt endete mit einem Zusammenstoß mit einem alten Herrn, der bei Grün in die Verlängerung des Ku´damms, die Tauentzien-Straße, einbog, mit seinem Jeep durch die Luft katapultiert wurde und vor Ort verstarb.
Mir reichte es: Schnell war mit ein paar Aktivisten beschlossen, mit einem Sit-dem getöteten Autofahrer zu gedenken und eine klare Botschaft an die Politik zu schicken. Bis Mitternacht war der Facebook-Post zum Aktivisten-Aufruf und die Presseeinladung geschrieben. Und dann traft es mich beim Recherchieren wie der Schlag: Es gab nicht ein einziges illegales Autorennen in Deutschland mit Todesfolge, bei der die Täter nicht zu mindestens einem Tag Gefängnisstrafen verurteilt wurde. Das hat mich empört, das hat mich wütend gemacht ..
Bei kaltem Winterwetter kamen dann ein paar Dutzend Fahrrad-Aktivisten, aber vorallem zich Medienvertreter von lokalen bis bundesweiten Medien. Ich war tatsächlich wütend ob des Wegschauens von Politik und Justiz. Vor laufender Kamera kam dieses Gefühl mehr als deutlich rüber und hat seinen Nachhall in den Medien gefunden. Denn die Autorennen waren bekannt, unternommen wurde so gut wie nichts.
Dieser Justiz-Skandal lief dann richtig in den Medien hoch und baute politische Energie vor Ort und bundesweit auf. Waren die Täter zunächst auf freien Fuß gesetzt, muss die Berliner Justiz sich dann nach zwei Wochen entschieden haben, durchzugreifen. Erstmals wurde wegen Mord mit Auto ermittelt und die Täter wurden wegen Fluchtgefahr ins Gefängnis gesteckt.
Kurz darauf wurden die Strafgesetze angepasst. Jeder Polizist, Staatsanwalt oder Richter in Deutschland muss nun straftrechtlich ermitteln und kann die Täter nicht einfach wieder laufen lassen mit einem läppischen Bussgeld und ein paar Wochen Führerscheinentzug. Tatsächlich wurden die Täter wegen Mord verurteilt, nicht nur hier in Berlin, sondern später auch bei vielen anderen Fällen in Deutschland. In Berlin sind mittlerweile mehr als 100 hoch-motorisierte Autos von der Polizei sichergestellt, das Problem wird angegangen. Dafür habe ich gerne eine Nacht durchgearbeitet und ne Stunde einen kalten Hintern investiert, einer meiner effektivsten Aktionen ever. in Vorträgen sage ich oft sehr deutlich, stolz darauf zu sein, dass Dutzende im Gefängnis mit ihrem gefährlichen Verhalten von der Öffentlichkeit weggeschlossen sind.
Die Tage - inzwischen November 2022 - bekam ich eine gute knackige Zusammenstellung zum Thema von der Seite Bussgeldkatalog.
Quellen und Links:
Tagesspiegel Sit-In am Tauentzien aus Protest gegen Raser
Tagesspiegel Nicht zur Tauentzien gilt als Rennstrecke
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Bundesratsbeschluss vom 23.09.2016 zur Einführung des § 315d Verbotene Kraftfahrzeugrennen