Aktivisten ziehen blank gegen Helmpflicht

Berlin, 20. Mai. Zum Start der neuen Plakatserie der Kampagne „Runter vom Gas“ des Bundesministers für Verkehr, die für das Tragen von Fahrradhelmen wirbt, zogen Aktivisten blank. Sie posieren sie vor dem Darth-Vader-Plakat - wie vom Bundesverkehrsministerium gewünscht, aber #DankHelm nur mit diesem bekleidet. Sie protestieren gegen eine mögliche Helmpflicht und setzen ein Zeichen für „Jeder darf, keiner muss“. Deutlich mehr Sicherheit käme vor allem durch „Runter vom Gas“, denn das Helmtragen verhindert keine schweren Unfälle

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat bereits vor einiger Zeit seine Helm-Kampagne mit dem Motiv von Darth Vader angekündigt: Darth Vader unterstützt „Runter vom Gas“ und wirbt für den Fahrradhelm, so steht es beim BMVI. Tatsächlich ist jedoch eine deutliche Absenkung der Geschwindigkeiten der wichtigste Einflussfaktor auf die Reduktion von Kopfverletzungen.

Eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen von 2009 zeigt Ursachen auf: Die Schwere und Häufigkeit von Schwerstverletzungen und Getöteten hängt eindeutig von der Aufprallgeschwindigkeit ab. Die schweren Unfälle, als mit Schwerstverletzten und Getöteten, weisen im medianen Mittelwert Differenzen von 30 – 50 km/h zwischen Kraftfahrzeug und Radfahrer auf. Die 98,8% der Unfälle mit Leichtverletzten passieren bei Aufprallgeschwindigkeiten kleiner 22 km/h.

„Wenn man es ernst meint und Kopfverletzungen reduzieren will, dann bitte Werbe- und Politik-Kampagnen starten, damit Auto- und LKW-Fahrer langsamer fahren, die Geschwindigkeiten häufiger kontrolliert und die zugelassenen Höchstgeschwindigkeiten abgesenkt werden“, so Heinrich Strößenreuther, Initiative clevere Städte. „Das jetzt aus „Runter vom Gas“ eine Werbung für das Tragen des Fahrradhelm wird, dreht die Zusammenhänge um“.

Die mehr als 600 Experten, die von Montag bis Dienstag den nationalen Radverkehrskongress in Potsdam besuchten, wurden am Eingang gebeten, vor dem Darth-Vader-Plakat für ein Foto zu posieren. Mit dem Hashtag #DankHelm“ sollten solche Selfies dann ans das @BMVI getwittert werden. Viele Experten fühlten sich kompromittiert, da es diverse Studien zu den negativen Effekten des Helmtragens gibt und geringere Geschwindigkeiten und bessere Infrastruktur mehr Schutz bieten.

Grund genug, für ein paar Aktivisten spontan den Eröffnungsvortrag zu schwänzen. Wenige Meter neben dem Plenum versteckten sie sich hinter dem Plakat, zogen sich aus und posierten vor dem Plakat, #DankHelm geschützt in sensiblen Bereichen. Das Selfie macht seit dem im Netz die Runde und löste eine lebhafte Diskussion im Netz zur Helmpflicht aus.

Die gleiche Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen lässt aber noch weitere Schlüsse zu: 4,5 mal mehr Autofahrer und 1,5 mal mehr Fußgänger sterben mit Kopfverletzungen als Radfahrer. „Meint es der Bundesminister für Verkehr ernst mit der Reduktion von Unfalltoten aufgrund von Kopfverletzten, müsste er zunächst eine Helmpflicht für Autofahrer, dann für Fußgänger und erst zum Schluss für Radfahrer einführen“, so Strößenreuther. Auch die Fahrradländer Holland und Dänemark haben keine Helmpflicht, es wird meist oben ohne geradelt. „Will man etwas für Sicherheit tun, dann bitte bei objektiv und subjektiv sicheren Fahrradinfrastrukturen, Tempo 20 und einer strikterer Einhaltung der StVO“.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft hat 2.250 Radunglücke in Münster zum Thema Helmpflicht (2012) analysiert. Ihr Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV), Siegfried Brockmann, kommt in seinen Untersuchungen zu folgendem Schluss: „Sie beweist in Bezug auf die Schutzwirkung des Helms ebenfalls nichts. ... Für eine Helmpflicht fehlen mir belegbare Zahlen, die ein Eingreifen des Gesetzgebers erforderlich erscheinen lassen.“

Quellen und Links

zurück zur vorherigen Seite