Die große Umfrage zum klimapolitische Wahlangebot bei der BerlinWahl 2023: kein ausreichender klimapolitischer Wettbewerb

Die Wähler haben entschieden: Das klimapolitischen Wahlangebot bzgl. Glaubwürdigkeit, Kompetenz und Ernsthaftigkeit bei der Berlin-Wahl, in Schulnoten ausgedrückt, liegt im Bereich „befriedigend“ bis „mangelhaft“. Das ist das zentrale Ergebnisse der neuen Studie „Klimawahl Berlin 2023" mit einem dutzend repräsentativer Civey-Umfragen, die am 12. Februar in Berlin um 18 Uhr zum Schließen der Wahllokale veröffentlicht wurde. Um den klimapolitischen Lernimpuls von Wahlen zu vergrößern, hat die Initiative clevere Städte über 1000 wahlberechtigte Berliner zur Wichtigkeit, zur Glaubwürdigkeit, zur Kompetenz sowie Klima-PR&Kommunikation befragt. Auch zu den jeweiligen weiteren Landtagswahlen in diesem Jahr soll die Befragung durchgeführt werden.

Gefragt wurde in den Fragen nach der Glaubwürdigkeit der Spitzenkandidaten, der Wahlspots, Plakate und des Wahlkampfs bzgl. Klimapolitik, der Kompetenz jeweils in der Energie- und Verkehrswende sowie die Wechselbereitschaft zur CDU bzw. SPD bei besserem klimapolitischem Angebot sowie zur Notwendigkeit des Klimavolksentscheids. Die Antworten wurden entsprechend der Wahlabsicht bei der heutigen Berlin-Wahl ausgewertet, um auch ein Bild von den jeweils eigenen Wählern zu erhalten:

  • Die Wählerantworten sind in Schulnoten umgerechnet worden: So schnitten die Grünen mit einer glatten Drei ab, die CDU lag bei 4-, die SPD, Linke bei 5+, die FDP bei 5 und die AfD bei 6+.
  • Den Wählern von Grün und Linke ist Klimaschutz sehr wichtig, SPD, CDU und FDP bei jeweils mindestens 40%; je älter die Wähler und je gebildeter die Wähler, umso wichtiger ist Klimaschutz.
  • 14% aller Wähler könnten sich vorstellen, die CDU zu wählen, wenn diese sich für mehr Klimaschutz einsetzt, besonders FDP-Wähler.
  • 9% aller Wähler könnten sich vorstellen, die SPD zu wählen, wenn diese sich für mehr Klimaschutz einsetzt.
  • Jeder vierte Wähler meint, dass die eigene Parteien sich stärker im Wahlkampf für Klimaschutz einsetzen sollten.
  • Jarrasch überzeugt am Meisten, jeder zweite Wähler der eigenen Partei hätte sich vom eigenen Kandidaten mehr Einsatz gewünscht.
  • Nach den Grünen traut man der CDU am Ehesten zu, Solar- und Windenergie für Berlin auszubauen; mit Ausnahme der grünen Wähler trauen die Wähler ihren präferierten Parteien die Energiewende zu wenig zu.
  • Nach den Grünen traut man der CDU am Ehesten zu, nachhaltige Mobilität in Berlin voranzubringen; mit Ausnahme der grünen Wähler trauen die Wähler ihren präferierten Parteien die Verkehrswende zu wenig zu.
  • Despektierliche Äußerungen zu Klimathemen schaden der eigenen Partei eher, es sei denn, es geht um FDP oder AfD.
  • Aus Klimasicht ist die Gesamtbewertung der Wähler über die Leistung der Parteiendemokratie nicht akzeptabel.
  • Die R2G-Wähler misstrauen zu 70% den Parteien in Sachen Klimaschutz und halten den Klima-Volksentscheid für notwendig; 38% aller Wähler halten den Klimavolksentscheid für notwendig, da sich Parteien unzureichend & unglaubwürdig ums Klima kümmern.

Zusammenfassend zeigt die Umfrage Klimawahl, dass mehr klimapolitischer Wettbewerb, mehr Druck aus den NGOs und der Klimabewegung sowie Klimavolksentscheide notwendig sind, um für 1,5-Grad-konforme Klimapolitik zu sorgen. Dass die Schulnoten zum klimapolitischen Wahlangebot im Bereich „befriedigend“ bis „mangelhaft“ liegen, ist eine nicht tolerable Bewertung für die Klimakompetenz der parlamentarischen Demokratie in der sich immer mehr zuspitzenden Klimakatastrophe und Erderhitzung. Die Parteien sind gefordert, sich von innen zu reformieren und glaubwürdige, kompetente und klimapolitische Angebote machen müssen, um die Erderhitzung bei 1,5 Grad zu stabilisieren.

Ergänzend nach Sichtung der Umfragen zur Berlin-Wahl durch ARD und ZDF kann ich noch folgende Erkenntnisse ergänzen (die Daten dazu sind in untenstehende Auswertung ebenfalls enthalten):

  • Bei der Berlin-Wahl waren Klimathemen in allen Prioritätsfragen unter den Top-5-Themen präsent (Verkehrs nur zweimal): Es war auch eine Klimawahl!
  • Hauptgrund für die starken Wählerwanderungen war jedoch ein Protestwahl-Verhalten, die Sicherheitsdiskussion und die zugespitzte Verkehrsdiskussion.
  • Soll mehr in Sachen Klima erreicht werden, müssen die Grünen überzeugendere Antworten für Alte und Wenig-Gebildete liefern und die CDU für Jüngere und Akademiker.
  • Betrachtet man die Kompetenz-Bewertungen, fallen die Grünen in ihren Ur-Themen Klima, Umwelt und Verkehr zurück während CDU und SPD massiv in der Verkehrsdiskussion gewinnen konnten: Hier ist sowohl mehr Kompetenz als auch bessere PR gefragt.
  • Die neue klimapolitische und kommunikative Herausforderung für alle wird sein, 1,5-konforme Klima- und Verkehrspolitik kompetenter zu entwickeln und besonders in den Außenbezirken besser „zu verkaufen“ und dort für politischen Rückhalt zu werben, wo eher bürgerliche bzw. auto-basierte Lebensstile vorherrschen bzw. ggf. erforderlich sind.

Die Studie soll künftig auch bei anderen Landtagswahlen wiederholt werden, sofern sich eine Finanzierung dafür findet.

Zum Hintergrund: Seit November 2022 werte ich Umfragen zum Thema Klima, Wahlen und Parteipräferenzen aus und stelle fest, dass die Fakten den Parteien zu wenig bekannt sind. Genau deshalb habe ich Ende Januar in einer Crowdfunding-Kampagne in wenigen Stunden 8000 Euro eingesammelt, um eine differenziertere Klima-und-Wahl-Umfrage bei Civey in Auftrag zu geben, u. a. zu zur Klimakompetenz der Parteien, zur Klimaglaubwürdigkeit von Parteien und Spitzenkandidaten, zur teilweise populistischen Klimarhetorik und zu einzelnen klimapolitischen Handlungsfeldern. Der Fragebogen findet sich hier: Civey-Umfrage „Klima und Wahlen“.

Anbei eine Zusammenstellung aller Ergebnisse aus meinen Analysen zum Download, die schon oben weiter beschrieben wurden:

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