Wutbrief gegen die Falschparker-Kapitulationserklärung
Offener Wutbrief an die Polizeipräsidentin und den Innensenator zu Ihrer gestrigen Falschparker-Kapitulationserklärung
Sehr geehrte Frau Polizeipräsidentin Dr. Slowik, sehr geehrter Herr Senator Geisel,
in der abschließenden Bilanz Ihrer Falschparker-Aktionswoche stellen Sie fest, dass Falschparken von Autofahrern sehr häufig bagatellisiert und verharmlost wird, ein spürbares Unrechtsbewusstsein kaum wahrzunehmen ist. Im gleichen Atemzug plädieren Sie an ein besseres Verhalten jeden einzelnen. Fällt Ihnen dabei nicht etwas auf?
Alternativlos ist folgendes Vorgehen:
- Fordern Sie sofort, laut und unmissverständlich von Verkehrsminister Scheuer Knolle statt Knöllchen, denn saftige Bußgelder sorgen für korrektes Verhalten. Schließen Sie sich noch in dieser Woche öffentlich der Petition für höhere Bußgelder von zwölf bundesweiten Verkehrs- und Umweltverbänden an
- Schärfen Sie umgehend die unkonkrete Forderung aus der Landesverkehrs-ministerkonferenz nach, die Bußgelder anzuheben. Nennen Sie die 100 Euro, denn die Bundestagsfraktion der Grünen, der Linken und diverse Politiker aus SPD und CDU stehen längst dahinter, selbst der Chef der Berliner Senatskanzlei hat klar für dreistellige Bußgelder geworben.
- Legen Sie eine neue Berliner Linie fest, dass Falschparken in der Regel als gefährdend und behindernd für andere bestraft wird: Der heutige Bußgeld-Katalog gibt das her und sollte so konsequent angewendet werden.
- Lassen Sie ab sofort Ihre Polizisten unmissverständlich abschleppen: Wer andere durch Falschparken gefährdet, soll sein Auto künftig auf dem Polizeihof ausparken.
- Lassen Sie sich alle Beschwerden von Bürgern über unwillige Polizeikollegen vor Ort geben, die Falschparker nicht abschleppen wollten: Eine kleine Belehrung topdown wirkt noch immer Wunder.
- Erklären Sie ab sofort die Berliner Linie für ungültig, Lieferfahrer ungeschoren davon kommen zu lassen: Zu viele Autofahrer machen es ihnen nach und senken den Maßstab für gutes, regelgerechtes Verhalten aller im Verkehr.
- Setzen Sie Razzia-ähnliche Einsatzmethoden mit fokussiertem hohen Kontrolldruck durch, damit es jeden Tag Bußgelder hagelt, bis es auch der Unverfrorenste merkt, denn Ihre Politessen trauen sich schon oft gar nicht mehr, ihre Arbeit zu tun. Hamburg hat da gute Erfahrungen gemacht.
- Rüsten Sie die BVG-Busse mit Kameras aus, lassen Sie die Busfahrer mit einem Tastendruck Beweisfotos machen und stellen Sie daraus direkt Bußgelder aus. Die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein pilotieren das bereits.
- Weisen Sie nach mehr als drei Vorfällen pro Halbjahr eine MPU an - dann steigt der Wille, sich wieder nach den Regeln zu verhalten. Wer auf die Zahl kommt, bei dem hat das Bußgeld keine Wirkung gezeigt - die charakterliche Eignung zur Führung eines Kraftfahrzeuges lässt nicht mehr unterstellen.
Wir schreiben Sie an, weil mittlerweile alle von einer Minderheit genervt und gefährdet sind. Eine Verkehrswende gelingt nur, wenn für alle mehr freie Wege und Plätze sichergestellt sind: Ladestationen, Carsharing-Stationen, Bus- oder Radspuren, Gehwege und Kreuzungen.
Sie sind in der Verantwortung. Lassen Sie sich etwas einfallen, Anregungen finden Sie oben genug. Gerne stehen wir für Gespräche bereit. Wir als Steuerzahlerin und Steuerzahler erwarten von Ihnen, dass Sie Ihren Job machen, vor Falschparkern nicht kapitulieren und wirksam für das Einhalten der guten Regeln für alle sorgen.
Mit erwartungsvollen Grüßen
Heinrich Strößenreuther, Initiative Clevere Städte
Brief im Original